Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ)

So hilft ein Russe aus Garbsen Menschen aus der Ukraine

„Ich weiß, wie es ist, wenn man wenig Geld zum Leben hat“: Borislav Gryunberg aus Altgarbsen hilft mit seinem Verein Megapolis Menschen und Tieren in Not.

Borislav Gryunberg ist Russe. Er lebt seit 13 Jahren in Garbsen. Dort hat er den Verein Megapolis gegründet, mit dem er Menschen in Not unterstützt – darunter auch viele aus der Ukraine. Warum tut er das? Gerko Naumann

25.09.2023, 15:00 Uhr

Altgarbsen. Kürzlich erhielt Borislav Gryunberg ein Schreiben von Garbsens Bürgermeister Claudio Provenzano (SPD). Der lud den Altgarbsener ins Rathaus ein – gemeinsam mit einer Gruppe anderer Menschen aus Garbsen, die dort regelmäßig für ihr ehrenamtliches Engagement in der Stadt ausgezeichnet werden. „Ich war überrascht, aber es war natürlich eine große Ehre für mich“, berichtet Gruynberg, während er entspannt auf einer Bank am Kastanienplatz in Altgarbsen sitzt.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Gryunberg damit begann, freiwillig etwas für die Gesellschaft zu tun. Auf die Idee brachte ihn seine Tochter im Herbst 2021. „Sie wollte ursprünglich, dass wir etwas gegen das Leid von Tieren unternehmen“, sagt Gryunberg. Deshalb gründete er mit ein paar Bekannten gemeinsam den Verein Megapolis, um Spenden für Tiere in Not zu sammeln. Doch relativ schnell machte er die Erfahrung, dass Menschen offenbar lieber für andere Menschen als für Tiere spenden. Also nahm er die Hilfe für Menschen in Not in die Zwecke des Vereins mit auf – und fortan sollte es mit den Spenden besser laufen.

Seit Anfang 2022 sammelt Megapolis unter anderem Geld für Menschen, die aus der Ukraine vor dem Krieg in ihrer Heimat flüchten. Das ist vor allem deshalb interessant, weil Gryunberg selbst gebürtiger Russe ist – und bis heute nur einen russischen Pass hat. „Ich stamme ursprünglich aus Sibirien und habe in Sankt Petersburg Chemie studiert“, berichtet der Garbsener, der einen Doktortitel hat und seit 26 Jahren in Deutschland lebt. Beruflich befasst er sich als Sachverständiger mit der Lagerung von radioaktivem Atommüll.

Es geht nicht um Politik, sondern um Menschen

Zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat Gryunberg natürlich eine Meinung. Darüber öffentlich sprechen will er aber ausdrücklich nicht. Sie spielt auch keine Rolle für sein Ehrenamt, sagt er. „Mir geht es nicht um Politik. Mir geht es darum, Menschen zu helfen, denen es schlecht geht. Es ist egal, woher sie kommen“, sagt der Altgarbsener.

Auszeichnung fürs Ehrenamt: Garbsens Bürgermeister Claudio Provenzano bedankt sich bei Borislav Gryunberg und weiteren Freiwilligen.

Auszeichnung fürs Ehrenamt: Garbsens Bürgermeister Claudio Provenzano bedankt sich bei Borislav Gryunberg und weiteren Freiwilligen.

© Quelle: Stadt Garbsen

Gryunberg selbst hilft den Geflüchteten aus der Ukraine nicht nur finanziell. Er investiert inzwischen viel Freizeit, um an unterschiedlichen Orten als Übersetzer aufzutreten. „Ich war schon überall mit den Menschen. Bei Gerichten, an Schulen, bei Behörden und bei Zahnärzten. Außerdem habe ich schon einige Briefe aufgesetzt“, erinnert sich der Vereinsgründer. Mit seinen Russischkenntnissen ist er nach wie vor ein gefragter Mann, auch wenn nicht mehr ganz so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen wie zu Beginn des Krieges.

Kommunikation mit Behörden ist Hürde

Die, die kommen, brauchen aber fast immer Unterstützung. „Ich weiß, wie es ist, wenn man wenig Geld zum Leben hat“, sagt er. Nach seiner Ankunft aus Russland in Deutschland sei er auch zunächst auf Sozialhilfe angewiesen gewesen, berichtet Gryunberg. Allein diese zu beantragen, sei aber eine große Hürde: „Die Kommunikation mit den deutschen Behörden ist sehr kompliziert, vor allem wenn man die Sprache nicht spricht“, sagt er.

Mit seinem Verein Megapolis bildet Gryunberg einen wichtigen Baustein in der Ukrainehilfe in Garbsen – das hat auch die Stadt erkannt. Deshalb überreichte Bürgermeister Provenzano dem Altgarbsener für sein Engagement im Rathaus auch die sogenannte Ehrenamtskarte. Damit können die Geehrten unter anderem günstiger in öffentliche Einrichtungen. „Um die Vergünstigungen geht es mir gar nicht“, sagt Gruynberg allerdings. „Mir geht es ums Helfen.“

Info: Weitere Informationen über den Verein Megapolis gibt es online auf megapolis-ev.org. Dort finden Interessierte auch das Spendenkonto und den Kontakt zu Gryunberg, wenn sie den Verein ehrenamtlich unterstützen wollen.